Anfang 1938 verhängte Hitler ein Auswanderungsgesetz, das die Juden aus Deutschland abschieben sollte. Die polnische Regierung verabschiedete daraufhin im Oktober 1938 ein Gesetz zur Ausbürgerung der im Ausland lebenden polnischen Juden. Dadurch standen insbesondere die in Deutschland lebenden polnischen Juden vor einer ausweglosen Lage. 15000 von ihnen wurden von der Gestapo am 28.10.38 festgenommen und zur polnischen Grenze deportiert. Polen wiederum verweigerte deren Einreise. Der polnische, in Paris lebende Jude Herschel Grynzspan, zum Tatzeitpunkt erst 17 Jahre alt, wollte sich für den Antisemitismus und die Behandlung seiner Eltern, die zu den Deportierten gehörten, rächen. Er plante ein Attentat auf den deutschen Botschafter in Paris, schoss aber stattdessen am 07.11.38 auf den Legationsrat Ernst von Rath, der zwei Tage später seinen Verletzungen erlag.
Dieses Ereignis gab Goebbels den Vorwand zu einem "spontanen Sühneakt", ein vermutlich von langer Hand vorbereiteter Feldzug gegen die Juden. Die Instruktionen für das Pogrom gab die Gestapo in Absprache mit der Gauleitung noch am selben Tag bekannt. Schon deshalb liegt die Vermutung nahe, dass die "spontanen Maßnahmen gegen Juden" bereits langfristig geplant waren, da innerhalb weniger Stunden im gesamten Deutschen Reich die Ausschreitungen gegen die Juden nach genausten Angaben stattfanden. Es gab Anweisungen der Gauleitung, dass Plünderungen verhindert werden sollten, und die Gefährdung jüdischen Lebens und Eigentums ausgeschlossen sein musste, um das Ansehen des Hitler-Regimes im Ausland nicht zu gefährden.

Vorgeschichte der Reichskristallnacht

Plünderung der jüdischen Geschäfte in Benrath

Die Plünderung der jüdischen Geschäfte begann teilweise schon am 09.11.38, also vor dem von der Gauleitung festgesetztem Zeitpunkt für das Pogrom.
Das Kaufhaus Stern wurde bereits kurz vorher "arisiert". Die Möbel der Familie Stern wurden von der SA aus dem Fenster der 3. und. 4. Etage auf den Hinterhof geworfen. Der ehemalige Besitzer Alex Stern wurde in Schutzhaft genommen.
Bei der Familie Heumann wurden die Fenster zerschlagen. Heumanns Geschäft wurde zunächst von der SA verwüstet und dann anschließend von Arbeitern in deren Mittagspause geplündert. Frau Heumann wurde von den Nazis aus ihrer Gartenlaube auf die Strasse gezerrt, damit sie sich die Gewaltausschreitungen ansah. Sie erlitt einige Tage später einen Herzanfall.
Auch das Bahnhofshotel der Familie Wirtz wurde belästigt.
Der Hausrat der Familie Steinberg wurde von der SA durch das geschlossene Fenster auf die Strasse geworfen.
Herr Samuel hatte sich seine sämtlichen Orden aus dem 1. Weltkrieg angelegt und sich damit schützend ins Fenster seines Geschäftes gestellt, angeblich konnte er sich dadurch vor Übergriffen schützen.
Das Mobiliar aus den jüdischen Geschäften und Wohnungen wurde am Abend des 10.11.38 im Martinsfeuer auf dem Marktplatz verbrannt; der Martinszug führte direkt daran vorbei. Frau Steinberg versuchte zum diesem Zeitpunkt immer noch, dort die Reste ihres Besteckes aufzusammeln. Die Geschäfte der Juden waren nach dem Pogrom so zerstört, dass kein Verkauf mehr möglich war.

Im Rahmen des Pogroms vom 10.11.1938 wurde um ca. 11.00 Uhr
die Benrather Synagoge an der Friedhofstr. 11 von den Nationalsozialisten in Brand gesteckt. Die Feuerwehr hatte den Befehl erhalten, nur die "arischen" Nachbarhäuser zu schützen.
Laut Zeugenaussage von Herrn Czerwinski, der das Pogrom als
11-jähriger miterlebte, handelte die Feuerwehr auch gemäß diesem Befehl und leitete das Wasser nicht auf die brennende Synagoge, sondern nur auf die Nachbarhäuser. Bis 11.14 Uhr brannte die Synagoge fast vollständig nieder. Die Feuerwehr war bis zum Abend an der Brandstelle, um bei der Bevölkerung den Eindruck von Aktivität zu erwecken, wobei sie jedoch auch weiterhin nichts zum Schutz der Synagoge tat. Die jüdische Gemeinde wurde am 12.12.38 vom Baupolizeiamt aufgefordert, die Trümmer der Synagoge bis zum 22.12.39, mit der Begründung, dass diese das Stadtbild "erheblich verunstalteten", auf eigene Kosten zu beseitigen. Da die jüdische Gemeinde dazu finanziell nicht in der Lage war, war sie gezwungen, das Grundstück für wenig Geld an die Hausnachbarn Nr. 9 und Nr. 13 zu verkaufen. Das Baupolizeiamt sah aber bei den neuen Besitzern, die die Trümmer erst im Januar beseitigten, von einer strengen Einhaltung der Abrissfrist ab. Genau wie die übrigen Ausschreitungen auch, war die Brandstiftung an der Synagoge kein, wie vom Benrather Tageblatt genannter "spontaner Volkszorn", sondern eine von der SA und der Gauleitung geplante Aktion.
Einzig der jüdische Friedhof ist in der Reichskristallnacht verschont geblieben.

Im Benrather Tageblatt erschien am 10. November 1938 ein Artikel unter der Überschrift "Synagoge in Flammen aufgegangen", der die deutliche Intention hatte, die Übergriffe gegen Juden zu rechtfertigen. Es werden öfters Formulierungen gebraucht, die den Juden die Schuld an dem Pogrom geben oder die Ausschreitungen verharmlosen. So wird im Artikel behauptet, es habe keine Plünderungen gegeben, was nachweislich eine Falschmeldung ist. Außerdem behauptete der Autor fälschlicherweise, "den Juden in Benrath ist persönlich nichts geschehen" und die Brandstiftung an der Synagoge wurde mit der "ungeheuren Erregung in der Bevölkerung" gerechtfertigt. Das Attentat von Herschel Grynzspan wurde als "heimtückischer Meuchelmord" dargestellt, während über die Hintergründe nichts gesagt wurde. Die Deportationen der Juden wurden als "Schutzhaft" bezeichnet, um die Juden vor den "von ihnen selbst provozierten Ausschreitungen" zu schützen. Besonders charakteristisch für den gesamten Artikel ist der Satz: "Die Volksseele gab ihrer Empörung über das schändliche Verhalten des Judentums Raum".

 

Brandstiftung an der Synagoge
Darstellung des Pogroms in der Presse
Bestattung von Legationsrat Ernst von Rath
Schaulustige beobachten die brennende Synagoge
Die Synagoge ist bis auf die Grundmauern abgebrannt.
Die Feuerwehr bespritzt die Nachbarhäuser der Synagoge, um diese vor dem Feuer zu schützen.

 

Pogrom